Zerreißprobe beim Streit über die TV-Milliarden

von Marcel Breuer | dpa3 hours ago
Das meiste Geld verdient die Bundesliga mit der TV-Vermarktung
Foto: Jan Woitas/dpa

Wenn es ums große Geld geht, ist der Streit vorhersehbar. Bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung soll am Donnerstagvormittag in Frankfurt/Main über die Verteilung der TV-Milliarden diskutiert werden. Vor allem auf Wunsch mehrerer Fußball-Zweitligisten kommt es einen Tag vor der folgenden Sitzung des Präsidiums zum verbalen Schlagabtausch um die entscheidende Frage: Wer bekommt in den kommenden vier Spielzeiten wie viel Geld aus dem TV-Topf von insgesamt mehr als 5,3 Milliarden Euro?

Den Ton für die Verteilungsdebatte setzte Hans-Joachim Watzke als Präsidiumssprecher der Deutschen Fußball Liga bereits vor mehreren Monaten. Mit «Solidaritätsthemen» solle ihm «bitte die nächste Zeit niemand mehr» kommen, sagte Watzke nach dem geplatzten Investoren-Deal. Seitdem haben sich in erster Linie unterklassige Traditionsvereine in Stellung gebracht und höhere Einnahmen gefordert. Aber auch der TV-Topverdiener FC Bayern München bezog eine klare Position. Besonders der Kampf um das Geld aus der Auslandsvermarktung birgt enorme Sprengkraft.

Bayerns Dreesen: «Solidarität heißt Gerechtigkeit»

Bayern-Vorstandschef Jan-Christian Dreesen forderte bereits kurz nach Abschluss der neuen TV-Verträge für das Inland, «dass unsere Leistung bei der Verteilung klar honoriert wird. Solidarität darf nicht bedeuten, die Starken ein- oder auszubremsen. Solidarität heißt Gerechtigkeit: Wer die Liga antreibt, muss auch entsprechend belohnt werden – sonst gefährdet sie ihre eigene Zukunft.»

Zur Verteilung stehen insgesamt 4,484 Milliarden Euro für die vier Spielzeiten von 2025/26 bis 2028/29 aus der Inlandsvermarktung. Dazu kommen pro Saison rund 215 Millionen aus der Auslandsvermarktung, wie sie derzeit kassiert werden.

Der momentan noch gültige Schlüssel für die Verteilung ist ein Kompromiss der bisher letzten Diskussion und recht kompliziert. Aus dem Geld der Inlandsvermarktung gibt es einem Sockelbetrag von rund 26 Millionen Euro für jeden Erst- und von 7,4 Millionen Euro für jeden Zweitligisten. Dieser Gleichverteilungsanteil beträgt 50 Prozent. 

Interesse nur geringer Anteil bei Verteilung

Der Leistungsanteil beträgt 43 Prozent. Dazu werden die Platzierungen der Vorjahre umgerechnet, wodurch der FC Bayern als zuletzt erfolgreichster Club den höchsten Anteil erhält und die Aufsteiger am wenigsten. Geringen Anteil beim Verteilungsschlüssel haben die beiden Säulen Nachwuchs (4 %) und Interesse (3 %).

Besonders das derzeit durch Umfragen gemessene Interesse soll nach Ansicht von bekannten Zweitligisten wie dem FC Schalke 04 und dem Hamburger SV stärker gewichtet werden. Verwiesen wird auf die englische Premier League und die spanische La Liga, bei denen das Interesse bei der TV-Geld-Verteilung 25 Prozent ausmacht. 

Clubs wie etwa der FSV Mainz 05, die zur großen Gruppe der kleineren gezählt werden, sehen das anders. Vorstandsmitglied Christian Heidel stichelte in der «Frankfurter Rundschau», dass es auffalle, «dass die am lautesten vernehmbar sind, die die größten finanziellen Probleme haben». Heidel sagte: «Wenn es im Fußball nicht mehr nach Leistung geht, müssen die Alarmglocken schrillen.»

Meinungsmacher aus Hamburg

Zu den Meinungsmachern bei der Verteilungs-Diskussion gehört Oke Göttlich, Präsident des FC St. Pauli und Mitglied des DFL-Präsidiums. Er sieht in der außerordentlichen Mitgliederversammlung an diesem Donnerstag «vorwiegend ein Zeichen der Machtlosigkeit der kleinen und mittleren Clubs, die in den vorherigen drei Verteilungsdebatten zu spüren bekommen haben, dass wenig Rücksicht auf sie genommen wird».

Das Potenzial für den größten Ärger bei den Spitzenvereinen besitzt der Vorstoß, die Verteilung der Auslandseinnahmen zu ändern, von denen die international spielenden Vereine das meiste Geld erhalten. «Es ist der einzige Topf, der noch mal mehr Ungerechtigkeit bringt», argumentierte Göttlich im «Kicker».

Ton ist «rauer und härter»

Beim TV-Geld aus dem Ausland profitiert der FC Bayern am stärksten von den Erfolgen der Vorjahre und kassiert in der laufenden Saison mehr als 35 Millionen Euro aus diesem Topf. Entsprechend ist der Rekordmeister gegen Änderungen. Mehr als ein Drittel der Erstligisten erhält aus dem Auslands-Topf nur das Minimum von rund 4,2 Millionen Euro.

«Ich stelle fest, dass der Ton, auch der öffentliche, rauer und härter geworden ist», kommentierte Axel Hellmann in der «Sportbild». Der auch im DFL-Präsidium sitzende Boss von Eintracht Frankfurt sagte: «Wenn ich die Vielstimmigkeit dieser Vorschläge höre, fehlt mir jegliche Fantasie, wie es zum Konsens kommt zwischen 36 Clubs mit einer Bandbreite von Bayern München bis Jahn Regensburg.» 

Die Zeit bis zur Lizenzierung drängt

Eine Entscheidung kann bei der Zusammenkunft der 36 Proficlubs nicht fallen. Dafür zuständig ist das Präsidium, das am Freitag tagt. Dass anschließend bereits ein neuer Verteilerschlüssel präsentiert wird, erscheint unwahrscheinlich. 

Dabei drängt die Zeit. Zum 15. März müssen die Vereine ihre Lizenzunterlagen für die kommende Saison bei der DFL einreichen. «Ich weiß nicht, wie das funktionieren soll, dass wir in der Zwischenzeit wegweisende Veränderungen am Verteilersystem durchspielen, die praktischen Konsequenzen besprechen und die Clubs dann vor vollendete Tatsachen stellen, was mögliche Verschiebungen auf der Verteilerachse anbelangt», sagte Hellmann.

(dpa)





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